Ev. Luth. Kirchgemeinde
     Berthelsdorf-Strahwalde und Herrnhut

Leben und Glauben

Was uns prägen kann

In der letzten Zeit berichteten die Medien davon, dass die Armut in Deutschland in erschreckender Weise zugenommen hat. Dabei steigen die Spareinlagen. Die Schere zwischen arm und reich wird ständig größer. Das ist ein Anzeichen dafür, wie schwer es uns fällt, solidarisches Verhalten in unserer Gesellschaft zu praktizieren und für deren Voraussetzungen Mehrheiten zu gewinnen. Den Persönlichkeitsrechten wird oft mehr Bedeutung beigemessen als den Rechten der Gemeinschaft. Unzählige Verfahren sind bei Gerichten anhängig, weil Mitbürger sich in ihren Persönlichkeitsrechten beeinträchtigt fühlen.
Viele denken nur noch an sich. Egoismus und Individualismus greifen immer weiter um sich. Und wer von uns kann sich da ausnehmen? (Die Menschen sind schlecht, sie denken an sich, nur ich denk an mich.)
Was wir brauchen? Werte, die da gegensteuern! In dem christlichen Glauben finden wir diese. Denn etwas für seinen Glauben zu tun, ist keine antiquierte Freizeitbeschäftigung, sondern Lebenshilfe und Lebenserfüllung. Gerade wir als Kirchgemeinde wollen Jesus vor Augen haben, dessen Leben aus Hingabe an die Menschen bestand. Menschen, die sich auf Jesus einlassen, erkennen: Leben habe ich nie für mich allein. Lebenserfüllung finde ich auch nicht für mich allein. Was mein Leben reicht macht und trägt sind Beziehungen. Es ist die Beziehung Gottes zu mir und meine Beziehung zu meinen Nächsten. Jesus weist uns mit seinem Doppelgebot der Liebe darauf hin: "Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzen Gemüt und deinen Nächsten wie dich selbst." (Matthäus 22, 37-39)
Gottesdienst, Hören auf Gottes Wort, ist daher nie vertane Zeit, denn wir werden auf das gewiesen, was unser Leben prägen und leiten kann. Und ich hoffe, es trägt dazu bei, dass wir nicht weiter auseinanderrücken oder nebeneinander herleben, sondern die Verantwortlichkeit füreinander entdecken und wahrnehmen.
Folgende Begebenheit, die Eleazar Benyoetz erzählt, ist für mich sehr nachdenkenswert, weil sie eine tiefe Wahrheit enthält:

Als ich mit einem Tibetaner im Gebirge im Schneesturm wanderte, sah ich einen Mann, der im Schnee den Abhang hinuntergestürzt war. Ich sagte: "Wir müssen hingehen und ihm helfen." Er erwiderte: "Niemand kann von uns verlangen, dass wir uns um ihn bemühen, während wir selber in Gefahr sind, umzukommen." "Immerhin," antwortete ich, "wenn wir schon sterben müssen, ist es gut, wir sterben während wir anderen helfen." Er wandte sich ab und ging seines Wegs. Ich stieg zu dem verunglückten Mann hinunter, hob ihn mühsam auf meine Schultern und trug ihn bergan. Durch diese Anstrengung wurde mir warm und meine Wärme übertrug sich auf den von Kälte steifen Verunglückten. Unterwegs fand ich meinen Begleiter im Schnee liegen. Müde, wie er war, hatte er sich niedergelegt und war erfroren. Ich hatte einen Manchen retten wollen, aber ich rette mich selbst.

Andreas Taesler


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